Montag, 23. September 2019
Versöhnung
„Mein Vater und ich haben uns nie gemocht“, erzählt mir mein Freund Peter.
„Warum war das so?“, frage ich.
„Wir waren einfach unterschiedliche Charaktere“, sagt Peter. „Mein Vater war leicht gereizt. Er hat mich schon als Kind oft angeschrien. Das hat mich sehr verletzt. Deswegen habe ich mit ihm gebrochen.“
„Wie alt warst du da?“, frage ich.
„Siebzehn. Da bin ich von zuhause weg. Hab dann nur noch Kontakt mit meiner Mutter gehalten. Bei meiner Hochzeit kam mein Vater nicht. Ich hatte ihn nicht eingeladen.“
Das ist hart, denke ich, so ein totaler Bruch. Das muss doch beiden Seiten weh getan haben.
„Und du hast deinen Vater nie wieder gesehen?“, frage ich.
„Doch, noch einmal.“
Ich merke, wie es Peter schwerfällt, darüber zu reden.
„Das war, kurz bevor er gestorben ist“, fährt er fort. „Er war sehr krank. Meine Mutter hat mich angerufen und mir gesagt, dass es zu Ende geht. Da bin ich hin. Und auf dem Sterbebett haben wir uns dann umarmt. Wir haben nichts gesagt. Aber wir haben uns mit der Umarmung versöhnt.“
„Hast du dich dann geärgert? Weil es zu spät war?“, frage ich.
„Am Anfang schon. Aber dann habe ich mir gesagt: Besser auf dem Sterbebett als nie.“
Sich versöhnen, denke ich mir, wir haben jederzeit die Möglichkeit. Sogar noch auf dem Sterbebett.
Und morgen ist ein neuer Tag
Felix Leibrock, Evangelische Redaktion
Dienstag, 24. Septemberi 2019
Glückspilz
"Was bin ich nur für ein Glückspilz!“ Das schreibt eine Frau bei Facebook. Zu sehen ist eine Wiese in Oberbayern mit Kühen, die grasen. Die Frau schreibt weiter: „Hier in dieser herrlichen Landschaft im schönen Oberbayern durfte ich eine Woche Urlaub machen.“
Das Posting macht mich nachdenklich. Ich wohne in Oberbayern und fahre oft mit der Bahn durch Landschaften mit saftigen Wiesen, grasenden Kühen, blauen Seen und beeindruckenden Bergen.
„He, aber du registrierst das meistens nicht“, sage ich zu mir selbst. „Nimmst das alles als so selbstverständlich hin.“
Nein, in einer der schönsten Landschaften Deutschlands zu leben, das ist nicht selbstverständlich. Die Frau bei Facebook war nur eine Woche in Oberbayern und so, so dankbar. Wieviel mehr sollte ich das dann sein!
Also, nehme ich mir vor, bei der nächsten Bahnfahrt schaue ich weniger ins Handy und mehr in die Landschaft. Und sage mir dann: „Was bin ich nur für ein Glückspilz!“ Und als Christ ergänze ich noch: „Die Schöpfung Gottes, was für ein Geschenk!“
Und morgen ist ein neuer Tag
Felix Leibrock, Evangelische Redaktion
Mittwoch, 25. September 2019
Ich liebe sie trotzdem
Ein Imker stellt Bienenstöcke in unserem Garten auf. Er erklärt mir die Bienen. Ich bin fasziniert. Was das Zusammenhalten betrifft, können wir von den Bienen lernen. Ich beginne, die Bienen zu lieben.
Ich mähe den Rasen. Direkt vor den Bienenstöcken will ich das nicht tun.
„Na komm, einen Streifen mähst du noch“, sage ich mir. Ich komme recht nahe an die Bienenstöcke heran. Und dann passiert es. Eine Biene fliegt mit voller Wucht gegen meine Stirn und sticht direkt oberhalb des Auges zu. Ich habe keine Chance. Sofort höre ich mit dem Mähen auf. In den nächsten Stunden schwillt meine ganze rechte Gesichtshälfte an.
„Du siehts aus wie ein Schwergewichtsboxer nach einem verlorenen Kampf“, spotten meine Freunde.
Und sie fragen mich: „Na, ist es jetzt mit der Liebe zu den Bienen vorbei?“
Mir fällt die Antwort leicht: „Die Bienen wissen nicht, was ein Rasenmäher ist“, sage ich mir. „Sie haben eine von ihnen ausgeschickt, mich auszuschalten. Sie selbst hat dabei ihr Leben verloren. Sie hat sich und ihr ganzes Volk dadurch geschützt.“
Bienen sind kluge Tiere. Ja, vier Tage war mein Gesicht schlimm angeschwollen. Und ich liebe sie trotzdem – die Bienen!
Und morgen ist ein neuer Tag
Felix Leibrock, Evangelische Redaktion
Donnerstag, 26. September 2019
Der Maler
In München bieten wir ab und zu das Café ohne Klischee an. Dort treffen sich Obdachlose. Sie trinken Kaffee, essen Kuchen und diskutieren zum Beispiel einen Vortrag. Letztes Mal haben wir mit den Obdachlosen Postkarten bemalt.
„Kommen Sie, wollen Sie das nicht auch mal ausprobieren?“, frage ich einen alten Mann, der sehr gebeugt am Tisch sitzt. Ich lege ihm ein paar Buntstifte und einen Block hin. Zaghaft greift er nach den Stiften. Dann beginnt er zu malen. Erst macht er nur ein paar Striche. Ich gehe an einen anderen Tisch. Als ich zu dem alten Mann zurückkehre, staune ich. Er hat eine wunderschöne Landschaft gemalt, mit einem See, auf dem Segelboote treiben.
„Das ist ja total toll“, sage ich.
„Hab ich als Kind das letzte Mal gemacht“, sagt der alte Mann und malt weiter.
Wenn ich ehrlich bin, hätte ich das dem Mann seinem Äußeren nach nicht zugetraut. Das passiert uns leider oft. Dass wir Menschen nach ihrem Äußeren beurteilen. Und sie dann total unterschätzen. Die Bibel spricht auch von Talenten, die uns anvertraut sind. Die sollten wir entwickeln. Und anderen helfen, ihre Talente zu entdecken.
Und morgen ist ein neuer Tag
Felix Leibrock, Evangelische Redaktion
Sonntag, 29. September 2019
Glück am Sendlinger Tor