Montag, 26. März 2018
Die Zeit heilt Wunden?
Ich spiele in einer Mannschaft Fußball. Harald, einer aus unserer Mannschaft, macht sein letztes Spiel. Er ist richtig gut, hat früher mal sogar Regionalliga gespielt. Nach der normalen Spielzeit steht es null zu null. Elfmeterschießen. Der entscheidende Elfmeter steht an.
„Komm, Harald, den schießt du!“, sagen alle.
Harald tritt an und – verschießt! Der Ball geht weit übers Tor. Wir haben verloren.
„Macht nix“, sagen wir alle und klopfen Harald auf die Schulter. Er schaut trotzdem traurig und verärgert aus. Er verschwindet ganz schnell nach Hause.
Das war vor vielen Jahren. Jetzt treffe ich ihn wieder.
„Weißt noch, der Elfmeter?“, fragt er mich.
„Ja, der Elfmeter“, sage ich und denke mir: Das sitzt offenbar immer noch tief bei ihm.
„Meine Karriere als Fußballer endet mit einem verschossenen Elfmeter!“, sagt Harald. Und dann kommt es: Ein langes, befreites Lachen. Er kriegt sich fast nicht mehr ein. Ich lache mit.
Die Zeit heilt Wunden, sagt man. Oft tut sie es nicht. Aber bei Harald, da hat das mal geklappt.
Und morgen ist ein neuer Tag
Felix Leibrock, Evangelische Redaktion
Dienstag, 27. März 2018
Trauercafé
Ich besuche das Trauercafé in der Münchner Innenstadt. Dort kommen Menschen hin, die über lange Zeit hinweg nicht den Verlust eines lieben Menschen verwinden.
„Warum kommen Sie hierher?“, frage ich Herrn Schmidt.
„Weil ich hier nichts muss“, sagt er.
„Wie meinen Sie das?“, frage ich.
„Wissen’s“, sagt er, „als meine Frau vor vier Jahren gestorben ist, haben alle gesagt: Du musst!“
Ich nicke. Aber ich weiß immer noch nicht, was er genau meint.
„Du musst wieder deinen Garten pflegen, sagt der eine“, fährt Herr Schmidt fort. „Du musst wieder mehr beim Heimatverein mitmachen, sagt der andere. Du musst eine Kreuzfahrt machen. Neue Leute kennenlernen, sagt wieder ein anderer. Du musst, du musst, du musst. Dann wird das mit dem Trauern besser. Aber nix wird’s. Mir fehlt meine Frau jede Minute. Und das wird mit diesen Tipps nicht besser!“
Der Vortrag im Trauercafé beginnt. Danach sitzt man an Tischen zusammen. Spricht über Gott, die Welt und das Trauern. Herr Schmidt wirkt jetzt entspannt.
„Hier muss ich einfach nichts!“, sagt er zu mir zum Abschied. „Verstehen Sie jetzt, was ich meine?“
Und morgen ist ein neuer Tag
Felix Leibrock, Evangelische Redaktion
Mittwoch, 28. März 2018
Sterbebett
Raffaela und Daniel sind Geschwister. Daniel heiratet. Seine Frau Sabine und seine Schwester Raffaela, die beiden Schwägerinnen, können nicht miteinander. Von Familienfeier zu Familienfeier werden die Streite heftiger. Einmal schüttet die eine der anderen sogar einen Kaffee übers Kleid.
„Das hast du mit Absicht getan“, sagt Sabine.
„Nie wieder will ich dich sehen“, sagt Raffaela.
Dann erkrankt Daniel schwer. Monatelang liegt er im Krankenhaus. Sabine und Raffaela wollen sich auf keinen Fall am Krankenbett begegnen.
Eine Krankenschwester ruft Sabine an: „Es geht zu Ende mit ihrem Mann!“ Sie eilt ins Krankenhaus. Von unterwegs schreibt sie eine Nachricht an die anderen Angehörigen. Nicht an Raffaela. Aber die bekommt trotzdem mit, wie es um Daniel steht. Sie fährt auch ins Krankenhaus. Als sie ankommt, ist Daniel gerade gestorben. Sabine sitzt weinend am Bett. Als Raffaela hereinkommt, starren sie sich an. Werden sie aufeinander losgehen?
Nein, es ist wie ein Wunder: Sie fallen sich in die Arme, weinen beide.
„Sind wir wieder gut?“, fragt Sabine.
„Ja“, sagt Raffaela.
Sie werden vielleicht keine besten Freundinnen. Aber der Hass ist angesichts von Daniels Tod gewichen. Sie sehen in der jeweils anderen nicht mehr nur das Böse. Sie respektieren sich wieder. Und das ist schon viel.
Und morgen ist ein neuer Tag
Felix Leibrock, Evangelische Redaktion
Donnerstag, 29. März 2018
Verrat
Peter Hoffmann betreibt mit zwei Partnern ein Exportgeschäft. Die beiden Partner haben ein neues Geschäft eröffnet, ohne ihn. Aus dem alten Geschäft haben sie das Geld abgezogen. Heimlich. Jetzt sitzt er auf den Schulden.
Peter Hoffmann lebt alleine, hat keinen anderen finanziellen Hintergrund. Was er sich nie vorstellen konnte, passiert: Er wird obdachlos. Seine erste Nacht auf der Straße ist grausam. Keine Sekunde kann er schlafen.
„Diese bösen Kerle haben mich verraten“, flüstert er in seinen Schlafsack. Er denkt an Rache. „Auge um Auge, Zahn um Zahn“, flüstert er jetzt. Aber dann erinnert er sich an einen Satz aus lange zurückliegenden Zeiten. In der Schule muss das gewesen sein. Im Religionsunterricht. „Die Rache ist mein, spricht Gott“. Und noch ein anderer Satz fällt ihm ein: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden!“ Auch aus der Bibel.
Er zittert am ganzen Körper vor Kälte und Wut.
„Ich werde mich nicht rächen“, schwört er sich. „Nein, ich begebe mich nicht auf die Ebene meiner früheren Geschäftspartner.“ Still weint er in sich hinein.
Heute ist Gründonnerstag. Das Wort Grün darin kommt eventuell von dem alten deutschen Wort greinen. Das bedeutet weinen. Ja, manchmal hat auch Weinen seine Zeit.
Und morgen ist ein neuer Tag
Felix Leibrock, Evangelische Redaktion
Karfreitag, 30. März 2018
Gestorben
"Du bist für mich gestorben!“, sagt der Vater zur Tochter. Sie will einen Muslimen heiraten.
„Du bist für mich gestorben!“, sagt die Freundin zum Freund. Sie hat entdeckt, dass er mit seiner früheren Freundin immer noch Kontakt hat.
Du bist für mich gestorben, wie oft fällt dieser Satz! Er bedeutet: Es ist aus und vorbei. Es folgt das Blockieren bei Whatsapp, Facebook, wo immer möglich. Geh mir aus dem Sinn, ich will keinen Kontakt mehr mit dir.
„Du bist für mich gestorben“, das sagen die ersten Christinnen und Christen. Sie meinen damit Jesus. Er ist am Kreuz gestorben. Aber heißt das jetzt auch: Es ist aus und vorbei zwischen ihnen und Jesus? Nein, heißt es nicht. Ganz im Gegenteil. Für mich gestorben, das ist hier positiv gemeint. Da stirbt einer für mich, weil er sich ganz stark mit mir verbinden will. Weil er meine Fehler auf seine Schultern packt. Weil er mir vergibt, was Menschen nicht vergeben. Weil er mich mit dem Sterben nicht allein lassen will. Weil er mich, Achtung, großes Wort, liebt.
Zugegeben: Nicht einfach zu verstehen. Aber es ist eine der großen Hoffnungsgeschichten dieser Welt. Freiwerden, weil ein anderer für mich gestorben ist. Heute, Karfreitag, ist uns das wieder zugesprochen.
Und morgen ist ein neuer Tag
Felix Leibrock, Evangelische Redaktion
Ostersonntag, 01. April 2018
#keinaprilscherz
An Ostern wird seit Jahrhunderten in vielen Kirchen gelacht. Auch Witze werden erzählt. Kennen Sie den?
Umfrage zum Thema Gott auf der Straße. Der Interviewer fragt eine Passantin: „Halten Sie die Existenz eines allwissenden Wesens für möglich?“ Die Passantin sieht den Interviewer verwundert an: „Was heißt hier möglich? Genauso ein allwissendes Wesen habe ich geheiratet!“
Das Osterlachen, eine gute Tradition. Aber nicht nur an Ostern gibt es Grund zum Lachen. Lachen, das heißt ja nicht unbedingt nur das schallende Lachen. Es gibt auch ein erlöstes Lachen. Zum Beispiel wenn sich zerstrittene Menschen versöhnen. Oder das dankbare Lachen. Wenn jemand eine schwere Krankheit überlebt. Oder das stille Lachen. Wenn wir etwas Schönes sehen.
Die ersten Christinnen und Christen haben sicher auch gelacht. Erlöst, dankbar, still. Weil sie erst geglaubt haben, Jesus sei tot. Und dann spüren sie ihn um sich, in sich, bei sich. Er ist wieder da. Das erfahren auch heute viele Menschen. Ostern ist jeden Tag. Und das Schöne ist: Das ist kein Aprilscherz!
Und morgen ist ein neuer Tag
Felix Leibrock, Evangelische Redaktion