Antenne Bayern - Nachgedacht: Februar 2015


Montag, 16. Februar 2015

ICH BIN FROH, DASS ICH NICHT EVANGELISCH BIN

Ich bin so froh, dass ich nicht evangelisch bin. Das singen sie zurzeit gerade in Köln. Die Katholiken. Ein beliebtes Karnevalslied. Sie zwinkern mit den Augen und behaupten: Ihr Evangelischen seid humorlos. Ihr seid viel zu verkopft. Ihr seid viel zu ernst. Ihr habt immer nur das Arbeiten im Sinn. Leistung, Leistung, Leistung. Ihr gönnt euch nichts.

Hm. Ich bin ja selbst evangelisch. Ich höre das Lied und muss sagen: Das ist schon was dran. Faulenzen zum Beispiel. Wenn ich das mal tue, dann habe ich gleich ein schlechtes Gewissen. Du musst doch was tun! Arbeiten! Leistung, Leistung, Leistung! Aber dann darf man sich nicht über Stress und Burnout wundern. Man muss auch mal die Seele baumeln lassen. Nichts tun. Das Leben genießen. Und dadurch auftanken.

Also, heute, weil Rosenmontag ist, höre ich auf die Kölner Katholiken. Und setz es gleich in die Praxis um. Gehe jetzt in eine Kneipe und trinke ein Bier auf die Jecken.

Aber ab Mittwoch faste ich. Sieben Wochen ohne Alkohol. Auch kein Bockbier gibt’s da. Die Katholiken machen da viel zu viele Ausnahmen.

Ups, das ist ja schon wieder Leistung, Leistung, Leistung. Aber Fasten mit Ausnahmen, das geht doch nicht, oder?

 

Schlafen Sie gut. Oder feiern Sie noch schön.

 

Eine gute Nacht wünscht Ihnen

Felix Leibrock, Evangelische Redaktion


Dienstag, 17. Februar 2015

VIKTUALIENMARKT

Ein Mal im Jahr lassen es die Marktfrauen in München so richtig krachen. Heute, am Faschingsdienstag, da haben sie vor großer Menge auf dem Viktualienmarkt getanzt. Morgen ist dann wieder Alltag. Dann stehen sie wieder hinter ihren Ständen. Beraten über gesundes Gemüse und bayerische Spezereien.

Von den Marktfrauen kann man was lernen. Ab und zu sollte man es im Leben so richtig krachen lassen. Ausscheren aus dem Alltagstrott. Mal etwas tun, was vielleicht niemand von einem erwartet.

Die Bibel erzählt uns auch von solchen Ereignissen. Da feiern Leute eine wunderbare Hochzeit. In Kana. Doch dann passiert der Supergau: Der Wein ist alle. Einer der Gäste ist Jesus von Nazareth. Er sorgt für Nachschub. Sogar den besten Wein gibt es zum Schluss. Was wir daran sehen: Feiern, das muss auch mal sein. Das Leben ist nicht ein einziges Fest. Aber ohne Feste ist das Leben fade.

Also, es mal so richtig krachen lassen, das hat gute Gründe. Vor allem damit wir im Alltag auch wieder etwas haben, auf das wir uns freuen. Danke, liebe Marktfrauen in München!

 

Eine gute Nacht wünscht Ihnen

Felix Leibrock, Evangelische Redaktion


Mittwoch, 18. Februar 2015

LOSLASSEN

Können Sie wegwerfen, sagt der Steuerberater. Er meint bestimmte Unterlagen, die älter als zehn Jahre sind.

Ich habe Unterlagen, die sind schon bald zwanzig Jahre alt. Immer schiebe ich das vor mir her. Doch jetzt ist es soweit. Ich halte die Ordner in der Hand. Blättere darin.

Och, hier, die Rechnung von meinem ersten Computer. Und hier, auf dem privaten Kontoauszug, die Überweisung für den Kindersitz im Auto. Ist das schon so lange her, dass die Kinder so klein waren!

Ich drifte in Erinnerungen ab. Mann, sag ich mir, das kann man doch nicht so einfach alles wegwerfen. Wenn ich mal irgendwann im Ruhestand bin, kann ich doch alles noch mal in Ruhe anschauen. Und dann wegwerfen.

Aber ich merke, wie ich mich selbst betrüge. Ich kann mich nur schlecht von Sachen trennen. Ob jetzt oder irgendwann später, das ist egal.

Komisch, sage ich mir. Als Pfarrer sprichst du immer vom Loslassen. Wenn man trauert um einen Menschen. Stück für Stück loslassen und wieder ins Leben zurückkehren. Und selbst schaffst du es nicht, dich von ein paar Ordnern zu trennen!

So, jetzt sind sie im Müll, die Ordner. Ja, loslassen muss man üben. Ist leichter gesagt als getan.

 

 

Eine gute Nacht wünscht Ihnen

Felix Leibrock, Evangelische Redaktion


Donnerstag, 19. Februar 2015

TURBO-LIEBE

Ich fahre viel Auto. Weite Strecken. Immer nehme ich Mitfahrer mit. Vor kurzem war es eine Auszubildende. Sie arbeitet in einem Schmuckgeschäft. Sie saß auf der Rückbank. Neben ihr ein Student. Betriebswirtschaft glaub ich.

Wissen Sie, was bei den beiden da hinten passiert ist? Während der langen Fahrt? Die haben sich Hals über Kopf verliebt!

Nach vier Stunden Fahrt waren wir am Ziel. Die beiden haben sich zum Abschied sogar geküsst! Also nicht nur so Küsschen links, rechts. Sondern so richtig.

Ich habe dann gesagt: „Leute, ich bin Pfarrer. Wenn ihr mal heiraten wollt, also das wäre ein Traum, euch zu trauen!“ Die beiden haben gelacht.

Turbo-Liebe. Sich verlieben geht schnell. Doch bis zu einer wahren Liebe ist es noch ein weiter Weg. Die Liebe hört niemals auf, heißt es in der Bibel. Leider hört die Liebe zwischen Menschen sehr oft auf. Schlägt nicht selten sogar ins Gegenteil um. Die Liebe hört niemals auf. Offenbar ist damit eine andere Liebe gemeint, als nur die zwischen Menschen. Die Liebe Gottes zu den Menschen. Die ist hier wohl angesprochen.

Das Paar, das bei mir mitgefahren ist, hat sich bei mir übrigens nicht mehr gemeldet. Sie wissen schon. Die mit der Turboliebe. Ich hoffe, weil sie einen anderen Pfarrer gefunden haben. Oder sonstwie zusammen geblieben sind. Die waren so wunderbar verliebt. Ach, war das schön!

 

Eine gute Nacht wünscht Ihnen

Felix Leibrock, Evangelische Redaktion


Sonntag, 22. Februar 2015

TORE IM KOPF

Kathrin, eine Frau um die vierzig, besucht Frau Böhme im Seniorenheim. Ein Mal in der Woche tut sie das. Einfach so. Sie ist nicht mit ihr verwandt. Kathrin möchte neben ihrem Beruf etwas Sinnvolles tun. Etwas Soziales. Eine Pfarrerin hat ihr das Ehrenamt vermittelt. Frau Böhme besuchen.

Sie gehen meistens eine Stunde spazieren. Frau Böhme, schon über achtzig, spricht gerne. Vor allem über ihre Kindheit.

„Ich brauche ihr nur zwei, drei Fragen zu stellen. Dann spricht sie eine Stunde ohne Pause“, sagt Kathrin.

„Aber ist das denn nicht langweilig für dich?“, frage ich.

Sie überlegt einen Augenblick.

„Frau Böhme hat mir gestern etwas so Schönes gesagt.“

„Was denn?“, frage ich.

„Frau Böhme hat gesagt: Sie öffnen mir immer die Tore im Kopf!“

Jetzt strahlt Kathrin. Einem anderen Menschen die Tore im Kopf öffnen. Durch Zuhören. Interessiertsein am anderen. Das macht anscheinend glücklich. Probieren wir es mal aus!

 

Eine gute Nacht wünscht Ihnen

Felix Leibrock, Evangelische Redaktion